ERST DIE INFLATION, DANN DER KRIEG
06.03.2010 10:41 begonnen
PREMIER WEN IN SORGE
Riese China spürt die Last der Wirtschaftskrise
(49)Premier Wen Jiabao schlägt neue Töne an: Der chinesischen Wirtschaft drohe trotz 8,7 Prozent Wachstum Gefahr. China könne sich nicht länger auf Exporte und Investitionen verlassen. Wen fordert im Kampf gegen die Korruption und Einkommensunterschiede, die Offenlegung aller Einkommen von Topmanagern.
Wen Jiabao spricht über die neuen Probleme durch falsche Marktsignale
Premier Wen Jiabao wählte erstaunliche Worte. Er stimmte gleich nach der von 3000 Parlamentsabgeordneten gemeinsam gesungenen Nationalhymne in der Großen Halle des Volkes nicht etwa die erwarteten Jubelrufe über das im Weltvergleich phänomenale Abschneiden der chinesischen Wirtschaft an.
Im Gegenteil: Er warnte seine Landsleute, sich in Sicherheit zu wiegen, nur weil „sich unsere Volkswirtschaft als erste in der Welt von den Folgen der globalen Finanzkrise erholt hat.“ Zwar konnte Chinas Wirtschaft 2009 „trotz dem schwierigsten Jahr in unserer Geschichte“ mit 8,7 Prozent wachsen.
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“Aber wir müssen uns über potenzielle Gefahren verstärkt bewusst werden.", sagte er zum Auftakt der Jahressitzung des Volkskongresses. „Wir dürfen den Umschwung bei uns nicht als grundlegende Verbesserung der Wirtschaftslage interpretieren.“
Der Premier, der seinem Land erneut acht Prozent Wachstum als Zielvorgabe für dieses Jahr setzt und neun Millionen neue Arbeitsplätze schaffen will, sprach danach Klartext. Er erwartet 2010 eine „komplizierte Situation." Die alten Rezepte auf Exporte und Investitionen zu setzen und Werkbank der Welt zu sein, die China sein Wirtschaftsswunder bescherten, funktionieren nicht mehr. Für ein neues binnenmarktorientiertes, nachhaltiges Modell mit innovativer Wirtschaftsweise stellt Peking aber erst seit Ausbruch der Krise ernsthaft die Weichen.
Der Zug dahin braucht Zeit. 2009 fingen Chinas massive Infrastrukturprogrammen, Export- und Agrarsubventionen und die Öffnung des Kredithahns der Banken die Folgen der Krise auf. Pekings Regierung müsse aber auch noch 2010 auf weitere Stützmaßnamen setzen und ihre gelockerte Geldvergabe fortsetzen, sagte Wen.
Weil sie zudem weitreichende Reformen für den Aufbau eines sozialen Sicherungsnetzes und der Alten- und Krankenversorgung für Bauern finanzieren muss, werde der Staat 2010 Schulden von 1050 Mrd. Yuan (rund 110 Mrd.Euro) machen müssen.Tröstlich nur: Mit seinem Rekorddefizit bleibe er noch unter der kritischen Grenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Pekings Geldsegen hat 2009 zwar die eingeschleppte Krise gelöst, aber selbst neue Probleme durch falsche Marktsignale geschaffen. Der Premier beklagte die Überproduktion bei einer Reihe von Industrien, „die immer schwerer zu restrukturieren“ sei, wachsenden Druck auf den Arbeitsmarkt, während strukturell Arbeitskräftemangel bei Billigherstellern herrscht und latente Risiken im Bank- und Kreditgewerbe.
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Chinas Banken hatten 2009 ihre Kreditvergabe mit rund einer Billionen Euro zur Ankurbelung von Wirtschaftsprojekten inflationiert. 2010 soll die neue Kreditvergabe nun die Gesamtsumme von rund 800 Mrd. Euro nicht überschreiten, was aber immer noch achtmal soviel wie die gesamte Haushaltsverschuldung ist. Das größte Problem für 2010 bleibe die zu geringe Binnennachfrage, die keine Triebkraft für das Wirtschaftswachstums ist. Mit anderen Worten: China hängt weiter am Tropf von Investitionen und Exporten.
„Dringenden“ Handlungsbedarf sieht Wen im Entschärfen sozialen Sprengstoffs, der sich bei Wanderarbeitern, Zwangsumgesiedelten, Opfern der Immobilienspekulation und der grassierenden Korruption angesammelt hat. Zahlreiche Massenproteste hatten sich an der Wut über Land- und Hausenteignungen oder an Einkommensunterschieden entzündet, die zwischen den reichsten zehn Prozent und den ärmsten zehn Prozent der Bevölkerung auf das 23fache stiegen.
Wen sagte der Immobilienspekulation den Kampf an, die für 85 Prozent der Chinesen den Kauf von Wohnungen unerschwinglich macht. Er verlangte auch die Deckelung der Einkommen von staatlichen Topmanagern und Topbankern an, die sich Millionengehälter und Bonuse bewilligen ließen. „Wir werden entschieden die sich ausweitenden Einkommensunterschiede umkehren.“ Um die Korruption einzudämmen, will das Politbüro alle hohen Funktionäre zwingen, ihre Einkommens- und Besitzverhältnisse und die ihren engsten Familienangehörigen vor speziellen Kontrollbehörden offen zu legen.
Strittiges Thema auf dem Volkskongress sind auch die mehr als 200 Millionen Bauern und Migranten, die in Chinas Städten mit Wanderstatus leben. Sie sind gegenüber Stadtbürgern benachteiligt. Der Premier verlangte ihre rechtliche Gleichstellung, aber „schrittweise und geplant“. Ebenso vorsichtig sprach er politische Reformen an. Peking fördert den Ausbau von demokratischen Wahl- und Selbstbestimmungsmodellen, aber nur auf unterster lokaler Ebene.
Die Außenpolitik klammerte Wen in seinem Bericht fast völlig aus, ging auch nicht auf den jüngsten Streit mit den USA ein. Er lobte die sich positiv entwickelnden Beziehungen mit Taiwan als „win-win-Situation“ für beide. Er äußerte sich auch nicht zur neuen weltpolitischen Verantwortung Chinas oder zu Pekings Rolle beim Klimagipfel in Kopenhagen.
In der Umweltpolitik will China erst einmal bei sich zuhause sauber machen, indem es etwa kein neues Kohlekraftwerlk mehr ohne Entschweflungsanlage bauen lässt. Wen kündigte Pilotprojekte für eine Kreislaufwirtschaft an, die Voraussetzung für die nachhaltige Entwicklung ist, die China anstrebt. "Wir müssen dringend unser Wirtschaftsweise ändern,“ heißt sein Credo. Jüngst hatte in einer Rede auch Staatschef Hu Jintao ins gleiche Horn gestoßen:
“Nur oberflächlich gesehen wirkte sich die globale Finanzkrise auf das Tempo des Wirtschaftstempos Chinas aus. In Wirklichkeit traf sie uns am schlimmsten in unserem Wachstumsmodell, das wir bisher verfolgten.“
Schuldenkrise
Empörte Griechen wollen Inseln nicht verkaufen
(99)Damit Griechenland aus den Schulden rauskommt, haben Politiker von CDU und FDP den Verkauf von unbewohnten griechischen Inseln gefordert. Die Empörung ist groß, denn die Griechen denken an die deutsche Besatzung während des Zweiten Weltkrieges zurück. Angela Merkel soll sich jetzt für die Idee entschuldigen.
http://www.welt.de/multimedia/archive/1267726737000/01035/jm_griechenland_ne_1035903g.jpg
Politiker von CDU und FDP haben Griechenland aufgefordert, zur Bewältigung der Schuldenkrise unbewohnte Inseln zu verkaufen – und damit für Empörung gesorgt. Der Vorsitzende der CDU- Mittelstandsvereinigung, Josef Schlarmann, sagte der „Bild“-Zeitung, Griechenland besitze Gebäude, Firmen und unbewohnte Inseln, die zur Schuldentilgung eingesetzt werden könnten.
Weiterführende Links
- Griechenland will "keinen Cent" aus Deutschland
- Deutsche Unternehmer verlieren Vertrauen in Euro
- Ifo-Chef rät den Griechen, den Euro aufzugeben
- Griechenlands Pleite entlarvt Europas Defizite
- Papandreou warnt Griechen vor "Kriegszustand"
- Brüssel lobt den griechischen Sparplan
- Griechenland braucht eine neue Elite
- Merkel will den Griechen keine Hilfe anbieten
- Griechenland ächzt auch unter der Korruption
- Theo Waigel wittert Komplott gegen den Euro
„Ein Bankrotteur muss alles, was er hat, zu Geld machen, um seine Gläubiger zu bedienen.“ Der FDP-Finanzexperte Frank Schäffler sagte:
Der Linken-Vorsitzende Lothar Bisky forderte von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Entschuldigung für den Vorstoß. „Die Herren von Union und FDP haben wohl vergessen, wer zuletzt den Versuch gemacht hat, griechische Inseln zu erobern. So ein Vorschlag aus Deutschland ruft bei vielen Menschen in Griechenland entsetzliche Erinnerungen auf“, kritisierte Bisky.
Deutschland hatte Griechenland im Zweiten Weltkrieg besetzt. Deutsche Soldaten verübten damals Massaker unter der Zivilbevölkerung. Bisky forderte nun, Merkel solle sich öffentlich bei Griechenlands Regierungschef Giorgos Papandreou entschuldigen. Merkel trifft Papandreou am Freitag in Berlin.
Unions-Fraktionschef Volker Kauder wies den Vorschlag ebenfalls zurück. Der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ sagte er, solche Vorschläge seien wenig zielführend. „Griechenland hat in der Vergangenheit Fehler begangen.“ Politiker sollten sich aber vor Forderungen hüten, die ein Land demütigen, betonte der Vorsitzende der Unions-Fraktion.
Die griechische Regierung habe ein Sparprogramm verkündet, das durchaus ambitioniert und in der eigenen Bevölkerung schwer durchzusetzen sei. Eventuell müsse die griechische Regierung aber noch mehr tun, um verlorenes Vertrauen der Finanzmärkte wieder herzustellen, sagte Kauder.
Themen
Der Unmut der Griechen über das Sparprogramm ihrer Regierung hat inzwischen einen neuen Höhepunkt erreicht. Polizeiangaben zufolge versammelten in Athen und in Thessaloniki fast 10.000 linke Demonstranten und riefen auf Spruchbändern zum „Krieg gegen den Krieg der Kapitalisten“ auf. Anlässlich der geplanten Eilabstimmung über das Sparpaket im Parlament riefen mehrere Gewerkschaften zu Streiks auf.
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